Laser als neue Behandlungsoption | PZ – Pharmazeutische Zeitung

2022-12-08 10:58:45 By : Mr. allen lin

Von Inga Richter / Pilzinfektionen der Fuß- oder Fingernägel erfordern langwierige Behandlungen mit topischen oder oralen Antimykotika. Seit etwa sechs Jahren kommen zunehmend Lasertherapien zum Einsatz, die eine Abheilung mit weniger Aufwand versprechen. Die Evidenzlage ist noch dünn.

Sie lauern überall. Insbesondere im feuchten, warmen Milieu von Schwimmbädern, Saunen oder Duschkabinen fühlen sich Pilze und deren Sporen wohl. Die Erreger von Nagelpilz, der Onychomykose, sind meist Dermatophyten, häufig Trichophyton rubrum und Epidermophyton floccosum sowie Hefe- und Schimmelpilze.

Im Sommer kommen die Füße wieder öfter zum Vorschein. Gut, wenn die Nägel gesund sind.

»In 80 Prozent der Fälle sind die Fußnägel betroffen«, sagt Professor Dr. Irene Tausch, Fachärztin für Dermatologie an der Kosmed Klinik in Kiel. Durch das feuchtwarme Klima in Socken und Schuhen vermehren sich die Pilze schnell. Zu Beginn verfärben sich die Nägel. Unbehandelt werden sie im weiteren Verlauf brüchig, verdicken oder spalten sich nach und nach ab und bergen eine hohe Ansteckungsgefahr für die anderen Zehen, die eigene Haut und auch für andere Personen.

Zwar gibt es zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten in Form von antimykotisch wirkenden Salben, Gelen, Lösungen oder Lacken. Doch können die topischen Therapien Monate dauern, wenn nicht sogar über ein Jahr hinaus. Bei totalem Befall der Nagelplatte ist eine topische Therapie zudem nicht ausreichend. Orale Antimykotika sind der Goldstandard, doch bei einigen Patientengruppen sind sie kontraindiziert.

Mit Laser den Nagel durchdringen

Eine Alternative könnten hier Lasertherapien darstellen. Korrekt durchgeführt gelten die Bestrahlungen als nebenwirkungsarm und könnten womöglich nach nur wenigen Terminen zum Erfolg führen. Allerdings sind die Geräte und entsprechend auch deren Anwendung teuer und die Wirksamkeit bei Nagelpilz noch nicht eindeutig belegt. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht, private Versicherer verlangen einen Nachweis über die medizinische Notwendigkeit.

Bereits seit den 1980er-Jahren nutzt man Kohlendioxid-Laser, um die erkrankten Nageloberflächen abzutragen oder zu durchlöchern, damit topische Arzneimittel leichter in die Tiefe gelangen. 2010 ließ die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA neue Geräte zu, deren Strahlen in kurzen oder langen Pulsen die Nägel durchdringen und die Pilzstrukturen gezielt zerstören sollen. Am häufigsten verwendet werden sogenannte Neodym-dotierte Yttrium-Aluminium-Granat-Laser (Nd:YAG) mit der Wellenlänge 1064 nm. Zum Einsatz kommen auch Blitzlampen und Laser, die zwei verschiedene Wellenlängen abstrahlen. Einen solchen Dioden-Laser verwenden die Ärzte in der Kosmed Klinik. »Die geringeren Wellenlängen von 405/635 nm des Lunula-Lasers haben den großen Vorteil, dass die Behandlung nicht schmerzhaft ist und den Nagel nicht verletzt«, sagt Tausch.

Ein Review von Wissenschaftlern um Caitlin Becker von der University of Minnesota aus dem Jahr 2013 listet eine Reihe an Studien auf, die Effekte der Laserbehandlungen auf Pilzkulturen belegen (»Dermatology Online Journal«; 19(9): 19611). Danach kam das Wachstum von Trichophyton- und Candida-Pilzen in der Petrischale durch die Behandlung mit den Wellenlängen 870/930 nm nach 91 beziehungsweise 20 Stunden zum Erliegen. Laser mit der Wellenlänge 532 nm und der 1064-Nd:YAG-Laser verlangsamten die Vermehrung ebenfalls.

Welche Effekte hauptsächlich für diese Wirkung verantwortlich sind, darüber sind sich die Experten noch nicht einig. Manche vermuten, dass die Pilze durch die Hitze oder durch die damit verbundene Verdampfung des Wassers absterben. Wenn dies die einzigen Gründe wären, würden allerdings die Pilzsporen überleben, die Trockenheit lange aushalten können und erst bei etwa 80 Grad Celsius abgetötet werden. Solche Temperaturen erreicht kein Laserlicht. »Manche Wellenlängen schaden den Pilzen durch die Bildung von freien Radikalen und indem sie die Immunabwehr aktivieren«, so Tausch.

Auch In-vivo-Studien lieferten zum Teil positive Resultate. In der bis dato größten Untersuchung waren 95,8 Prozent der insgesamt 131 mit einem Q-Switched Nd:YAG 1064 nm/532 nm-Laser behandelten Nägel nach drei Monaten vollständig verheilt (»Dermatology Research and Practice«; DOI: 10.1155/ 2013/379725). Dieses Ergebnis übertraf alle bisherigen. Die hohe Heilungsrate könnte sich daraus begründen, dass die Wissenschaftler die befallenen Nägel zuvor abgeschliffen hatten. Die Dicke der Nägel als Barriere beeinflusst das Durchdringen der Strahlen.

Bei der Laser­behandlung von Onychomykosen kommen verschiedene Wellenlängen zum Einsatz.

Die Behandlung war dabei vergleichsweise nebenwirkungsarm: 83 Prozent der Patienten berichteten von mildem Schmerz wie Brennen oder Stechen während der Behandlung. Eine analgetische Therapie war in keinem Fall notwendig. Andere Studien zeigten nach Bestrahlungen mit unterschiedlichen Wellenlängen nach unterschiedlichen Zeit­räumen entweder moderate Verbesserungen oder komplette Heilungen zwischen 50 und 80 Prozent.

Dr. Ivan Bristow, Fußspezialist an der University of Southampton, Großbritannien, veröffentlichte 2014 ebenfalls eine Übersichtsarbeit, in die er nur Experimente aufnahm, die konkrete und messbare Resultate in mikrobio­logischen, histologischen Untersuchungen und/oder beim Erscheinungsbild der Nägel lieferten. Diesen Ansprüchen genügten zu dem Zeitpunkt zwölf Studien, zwei davon mit randomisiertem und kontrolliertem Design (»Journal of Foot and Ankle Research«; DOI: 10.1186/1757-1146-7-34).

In der ersten verglichen die Wissenschaftler den Effekt von vier Behandlungen mit einem Dioden-Laser (870/930 nm) an 26 Zehennägeln mit einer Scheinlaser-Behandlung (Sham) an elf Nägeln. Nach sechs Monaten zeigten insgesamt 85 Prozent der behandelten Nägel (22) eine Verbesserung, die am Nachwachsen einer gesunden Nagelplatte von 3 bis 4 mm gemessen wurde. Bei den stark befallenen Nägeln betrug die Erfolgsrate 63 Prozent. In der Placebogruppe verheilten zwei Nägel völlig und drei moderat. Die Studie wurde sowohl durch die kostenlose Leihgabe des Geräteherstellers als auch durch das Mitwirken eines firmeninternen Wissenschaftlers gesponsert.

Bei der zweiten randomisierten und kontrollierten Untersuchung zogen die Autoren einen Vergleich zwischen Nägeln, die mit dem 1064-Nd:YAG- Laser behandelt wurden, mit unbehandelten Nägeln der Teilnehmer. Nach drei Monaten waren bei 33 Prozent der behandelten und bei 20 Prozent der unbehandelten Nägel mikrobiologisch keine Pilze mehr nachweisbar. Nach zwölf Monaten konnte kein Unterschied mehr zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden. Die Autoren vermuteten, dass wenn überhaupt, »Laser nur einen temporären Effekt auf Onychomykosen haben«.

In zwei Fallbeschreibungen waren keine dauerhaft signifikanten Verbesserungen nachzuweisen, weder mikrobiologisch noch klinisch. Zwar lieferten die weiteren Untersuchungen mehr oder weniger positive Ergebnisse. Doch Bristow wies nachdrücklich auf die methodischen Mängel und unterschied­lichen Vorgehensweisen hin. Mal beschrieben die Autoren den vorherigen Schweregrad des Befalls nicht, obwohl dieser ausschlaggebend für das Ergebnis ist. Mal wurden zusätzlich freiverkäufliche Antimykotika verwendet. Bei allen Untersuchungen, so Bristow, war die Teilnehmerzahl klein und die Studiendauer kurz. Die Zeitspannen zwischen Bestrahlungen und Nachkontrollen betrugen drei bis neun Monate. Doch braucht es in der Regel etwa 12 bis 18 Monate bis ein Zehennagel vollständig nachgewachsen ist. Noch länger dauert das Wachstum bei älteren Menschen und solchen, deren Nägel infiziert sind. »Schaut man auf diese frühen Resultate, wird klar, dass durch die widersprüchlichen Ergebnisse bisher kein klarer Beweis für die Effektivität von Laserbehandlungen vorliegt«, so Bristow.

Das Fehlen eines wissenschaftlichen Nachweises bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass eine Therapie nicht funktioniert. Tausch dokumentiert die Behandlungen ihrer Patienten genau und hat eine Erfolgsquote von etwa 70 Prozent zu verzeichnen. Bislang habe sie die Hände und/oder Füße von 258 Patienten jeweils viermal für 12 Minuten bestrahlt. Dadurch würden die Pilzelemente geschädigt, die Immun­abwehr und die Durchblutung gefördert und somit das Nagelwachstum verbessert. »Nachkontrollen mit Messungen des gesund nachwachsenden proximalen Nagelanteils müssen so lange erfolgen, bis die Heilung gesichert ist, das heißt der Nagel gesund nachgewachsen ist«, sagt Tausch. Alle acht Wochen sollte ein gesundes Nagelwachstum von 1 bis 2 mm zu beobachten sein. Ist das nicht der Fall, werden weitere Laserbehandlungen angesetzt. /